DNA, Lügendetektor etc.

 

DNA - Allgemeines

DNA-Untersuchungen

1. Untersuchungsstrategie

Grundsätzlich ist die Vorgehensweise bei den DNA-Untersuchungen dieselbe wie bei den Proteinuntersuchungen, d.h. man betrachtet ein bestimmtes Merkmal (wie z.B. das ABO-System) das in verschiedenen Ausprägungen vorkommt (z.B. A, B, AB, 0). Es wird nun untersucht, ob die Spur dieselbe Merkmalsausprägung zeigt wie das Vergleichsblut. Wenn dies nicht zutrifft, ist die Person als Spurenverursacher auszuschließen, wenn hingegen eine Übereinstimmung besteht, kommt die Person als Spurenverursacher in Betracht. Aus Tabellen ist zu ersehen, wie häufig das beobachtete Merkmal ist. So wird mit weiteren Merkmalssystemen fortgefahren. Die prozentualen Häufigkeiten der Merkmalsausprägungen (z.B. 29 %, 14 %) werden miteinander als Bruch multipliziert ( 28/100 x 14/100) und es wird immer wahrscheinlicher, daß die Spur tatsächlich von der betreffenden Person stammt.

 

2. Aufbau der DNA

DNA ist die Abkürzung für Desoxyribonucleicacid bzw. auf Deutsch DNS= Desoxyribonukleinsäure. Die DNA ist die Erbsubstanz aller Lebewesen. Man muß sie sich als lange dünne Fäden (=Chromosomen) vorstellen. Diese Fäden stellen einen Bauplan dar, der darüber entscheidet, wie z.B. der Mensch beschaffen ist.

Die DNA des Menschen besteht aus etwa 3 Milliarden Bausteinen. Diese Bausteine sind linear angeordnet, wobei 4 verschiedene Typen vorkommen. Es handelt sich bei den Bausteinen um sogenannte Nukleotide, die sich in der in ihnen enthaltenen Base unterscheiden. Man unterscheidet die Basen Adenin (A), Guanin (G), Cytosin (C) und Thymin (T). Zwei lineare DNA-Stränge bilden einen DNA-Doppelstrang, wobei die beiden Stränge über die Basen, ähnlich den Sprossen einer Leiter, verbunden sind. Die Reihenfolge der Basen des einen Stranges legt die Reihenfolge der Basen des anderen Stranges fest, da sich nur die Basenpaare A und T sowie G und C verbinden.

Beispiel eines kurzen DNA-Stückes:

ATGC ATCG (DNA-Doppelstrang)
TACG TAGC

Die Reihenfolge (Sequenz) der Basen innerhalb der DNA legt als sogenannter genetischer Kode den Bauplan fest, aus dem sich die Anleitungen zum Aufbau der Eiweißstoffe (Proteine) ableiten.

 

3. PCR-Analyse

Der große Vorteil des PCR-Verfahrens ist, daß die DNA einer Spur künstlich vermehrt wird und daher auch sehr kleine zellhaltige Spuren erfolgreich untersuchtwerden können.

PCR ist die Abkürzung für polymerase chain reaction. Der Name deutet schon an, daß mit Hilfe eines Enzyms die DNA in einer Kettenreaktion vermehrt wird. Dabei ist es aber nicht möglich die ganze DNA, sondern nur Teilabschnitte identisch zu vermehren.
Es gibt verschiedene PCR-Systeme, die sich darin unterscheiden, welcher Abschnitt der DNA vermehrt wird.

Wird nun ein bestimmter DNA-Abschnitt bei verschiedenen Menschen identisch vervielfältigt, so stellt man fest, daß diese Abschnitte eine unterschiedliche Größe haben können. In elektrischen Feldern kann man diese Abschnitte der Größe nach sortieren. Diese Trennmethode nennt man Elektrophorese.

Mit ihr werdenkleinere und größere Fragmente räumlich getrennt. DNA-Fragmente gleicher Größe bilden strichförmige Zonen, man spricht von sogenannten Banden. Die Banden werden nun von dem automatischen Elektrophoresegerät der Firma ABI durch Laserdetektion der fluoreszenzmarkierten DNA sichtbar gemacht. Die verschiedenen Banden kennzeichnen durch ihre Lage die unterschiedliche Größe der DNA-Bruchstücke, da die kleineren Bruchstücke in derselben Zeiteinheit weiter wandern als die größeren.

Die entstandenen Strichmuster der Spuren und der Vergleichsblutproben werden dann miteinander verglichen.

Je nachdem, ob die untersuchte Person reinerbig oder mischerbig ist, d.h. in Abhängigkeit davon, ob die mütterlichen und die väterlichen Erbanlagen (Allele) gleich oder verschieden sind, ergibt das Ergebnis der DNA-Typisierung ein oder zwei Banden.

 

4. Statistik

Bei der Berechnung der DNA-Fragmente wurden statistische Daten aus unseren eigenen Untersuchungen an der süddeutschen Bevölkerung oder die Daten anderer deutscher Arbeitsgruppen verwendet. Der Stichprobenumfang beträgt bei den einzelnen Systemen mindestens 275 Personen. Die Daten sind publiziert und daher für jedermann zugänglich.

Bei den verschiedenen PCR-Systemen wird eine Zuordnung der Banden einer untersuchten DNA-Probe zu einer begrenzten Anzahl Banden eines Größenmarkers, das ist ein Gemisch verschiedener definierter Allele, vorgenommen. Die Banden werden hier eindeutig durch eine Zahlennomenklatur benannt.

Ist eine Person mischerbig, d.h. hat sie zwei Banden in dem untersuchten Merkmalssystem, dann errechnet man die Häufigkeit der Bandenkombination durch die Verwendung der allgemeinen Formel für die Häufigkeitsberechnung von Phänotypen multialleler Systeme aus dem Produkt der Häufigkeiten der Einzelallele multipliziert mit dem Faktor 2 (= 2ab).
Unter einem Allel versteht man die Ausprägungsform eines Gens. a gibt die prozentuale Häufigkeit des einen und b die prozentuale Häufigkeit des anderen Allels an.
Wenn eine Person in dem untersuchten Merkmalssystem reinerbig ist, d.h. nur eine Bande hat, dann wird mit der Formel a² gerechnet.

Wie für die Proteinsysteme gilt auch für die verschiedenen DNA-Systeme, daß sich die prozentualen Häufigkeiten der einzelnen Untersuchungssysteme miteinander multiplizieren lassen und so die prozentuale Häufigkeit der gesamten an der Spur vorgefundenen Merkmalskombination errechnet werden kann. Voraussetzung für diese Vorgehensweise ist, daß die betrachteten Merkmalssysteme unabhängig voneinander (unbekoppelt) vererbt werden.

Die so errechneten Häufigkeiten gelten für zufällig ausgewählte, nicht verwandte Personen. Eineiige Zwillinge unterscheiden sich nicht in ihren genetischen Merkmalen.

 

5. Allgemeine Vorsichtsmaßnahmen

Um Kontaminationen zu vermeiden, werden die wichtigsten Schritte der DNA-Analyse (Spurenisolierung, Mischen des Amplifikationsansatzes und Amplifikation) räumlich getrennt und mit separatem Arbeitsmaterial und sterilen Lösungen durchgeführt. Bei jedem Amplifikationsansatz wird eine Negativ- und eine Positivkontrolle mitgeführt. Alle Arbeitsschritte, bei denen Verwechslungen auftreten können, werden von einer zweiten Person kontrolliert.

 

6. Die wichtigsten Arbeitsschritte

Die wichtigsten Arbeitsschritte der PCR-Analyse sind in folgendem Schema dargestellt:

---- Isolierung der DNA (Phenol/Chloroform oder CHELEX)

---- Amplifikation (identische Vennehrung) der polymorphen Bereiche: THO1-.vWA-, FIBRA-, SE33-, D21S11-, D18S51-, D3S1358-, D8S1179-, D5S818-, D13S317-. und D7S820-Region sowie des geschlechtsdifferenzierenden Amelogeninsystems (AMEL). Diese Systeme, mit Ausnahme von THO1 und SE33, sind Bestandteil des Profiler Plus-Kits der Firma Perkin Elmer.

---- Elektrophorese
zusammen mit einem "Größenmarker", das sind verschiedene definierte Allele, werden die Amplifikate aufgetrennt)

---- das erhaltene Bandenmuster wird von dem automatischen Elektrophoresegerät der Fa. ABI durch Laserdetektion der fluoreszenz-markierten DNA sichtbar gemacht.

---- Auswertung, d.h. die erhaltenen Banden werden benannt und die Ergebnisse der einzelnen Proben verglichen

 


 

Lügendetektor / Polygraph - Der Test

Letzte Änderung: Dienstag, 08.01.2002

Am 28.03.2000 unterzog sich Harry einem Lügendetektorentest, der vom Oberlandesgericht in Karlsruhe beantragt wurde. Professor Dr. Udo Undeutsch kam zu folgendem Ergebnis:

"Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist Harry Wörz nicht der Täter jener grauenvollen Tat, für die er strafgerichtlich verurteilt wurde."

Prof. Dr. Udo Undeutsch

 



Psychologisches Gutachten

Letzte Änderung: Donnerstag, 09.11.2000

Das Gutachten ist ca. 50 Seiten lang. Viel zu viel um es hier auf diese Seite zu bringen. Zur Erklärung: Der damals 2-jährige Kai war in der Tatnacht am Tatort anwesend, und man geht davon aus, dass er den Täter gesehen hat. Hierzu wurde er von der Diplom-Psychologin Doris Mehren befragt.Wir zeigen Euch das Ergebnis dieser Untersuchung.

 

STELLUNGNAHME UND BEANTWORTUNG DER FRAGESTELLUNG

Das Landgericht Karlsruhe - Zivilkammer VIII -, vertreten durch Herrn Waetke, Vorsitzender Richter, erteilte mit Beschluß vom 10.04.2000 den Auftrag, ein psychologisches Sachverständigengutachten zu erstellen.

Ziel der psychologischen Begutachtung unter Einschluß einer Exploration des Kindes sollte sein, herauszufinden, ob und inwieweit verläßliche Angaben des zur Tatzeit 2,1 Jahre alten Kindes zu der Behauptung der Klägerin,

"der Beklagte habe in der Nacht des 29.04.97 ihre Wohnung Erlenstr. 10 in Birkenfeld betreten und sie mittels eines Schals gewürgt,"

überhaupt zu gewinnen sind bzw. ob das Kind inhaltlich zur Sache etwas Beweiskräftiges beitragen kann.

1. Für die Beurteilung der Verwertbarkeit einer kindlichen Aussage ist neben den eingehend dargelegten Vorbehalten aus gedächtnispsychologischer Sicht von großer Bedeutung, ob im Rahmen der vorgenannten Sekundärkriterien bei Kai die Aussagetüchtigkeit gegeben ist und ob und wenn ja, in welcher Weise andere Personen auf die Aussage des Kindes Einfluß genommen haben.

2. Kai kann keine Informationen geben, die geeignet wären, das Geschehen in der Tatnacht zu erhellen. Er liefert auch keine konkreten Hinweise, aus denen zu schließen wäre, wie er zu der obigen Aussage bezüglich seines Vaters gekommen ist. Die erhobenen Daten weisen eher darauf hin, daß Kai keine Erinnerung (mehr?) an konkrete Geschehensabläufe, Gegebenheiten und Einzelheiten der Tatnacht hat. Die spontane Äußerung Kai's, auf der Kommode (des Schlafzimmers in der Erlenstr,10, Birkenfeld) sei "der Schal" gelegen, trägt nicht wesentliches zur Aufklärung des eigentlichen Geschehens bei. Außer, daß die Mama ihm in der Zeit vor der Tat an Schnüren hängende Plastikbälle gekauft habe und mit ihm ins Schwimmbad gegangen sei, finden sich bei Kai keine Hinweise für "Erinnerungen" zu dieser Zeit.

3. Kai konnte weder Anhaltspunkte dafür geben, ob und zu welchem Zeitpunkt er in der Tatnacht aufgewacht ist noch Angaben zum Handlungsablauf und zu konkreten Gegebenheiten machen. Er konnte auch nicht sagen, wo er nach der Tat hingebracht wurde. Auch auf orientierende Fragen mit unterstützendem Bildmaterial, konnte Kai keine relevanten Sachverhalte berichten.

4. Wenn Kai nach einer so langen Zeit mit einem Lebensalter von 2,1 Jahren beim Tathergang heute überhaupt noch Anmerkungen über das Geschehen macht, so ist vorrangig davon auszugehen, daß er diese Informationen nachträglich erworben hat bzw. heutiges "Wissen" nachträglich konstruiert hat. Schon einmalige Bemerkungen oder konkrete Fragen können dazu führen, daß diese nachträglich gelieferte Information behalten und später abgerufen wird, ohne daß er über Wissen verfügt, das dem Originalereignis zuzuschreiben ist.

5. Auch nach aussagepsychologischen Kriterien erfüllen Kai's Äußerungen nicht die Forderung nach einem geschlossenen, logisch konsistenten Bild vom Geschehensablauf. Es fehlt ein Mindestmaß an Konkretheit und Anschaulichkeit in Kai's Äußerungen.

6. ZUSAMMENFASSUNG

Bei dem inzwischen 5-jährigen Kai ist auch derzeit die Aussagetüchtigkeit zum damaligen Geschehen nicht gegeben, da zur Tatzeit weder Gedächtnis noch Sprache hinreichend entwickelt waren bzw. das Gedächtnis durch die Sprachentwicklung einer ständigen Umstrukturierung unterworfen war, so daß das im Alter von 2,1 Jahren Beobachtete nicht zuverlässig gespeichert werden konnte und folglich derzeit - nach einer Zeitspanne von drei Jahren - nicht korrekt abgerufen werden kann. Kai konnte aufgrund seiner fehlenden Aussagetüchtigkeit beim ersten Explorationsversuch durch die am 01.05.1997 hinzugezogene psychologische Sachverständige, Frau Erika HOCHREITHER, nichts Beweiskräftiges zum Geschehensablauf mitteilen. Die im Protokoll der gerichtlichen Vernehmung vom 19.01.2000 des Landgerichts Karlsruhe, Zivilkammer VIII, auf Seite 10 vermerkten Äußerungen, die Kai etwa im Alter von 2.1/2 bis 3 Jahren gemacht haben soll, sind derzeit nicht mehr zu objektivieren. Zudem ist es unrealistisch, daß ein Kind in diesem Alter eine derartige Wortwahl bzw. derartige Formulierungen verwendet. Aus den im Befund, Abschnitt 7.5, dargelegten Gründen ist deshalb auch die Aussagekonstanz bei Kai nicht gegeben.

Bei den derzeitigen Äußerungen des Jungen dürfte es sich um eine "Vermischung" möglicher Erinnerungsfragmente mit nachträglich erworbenen Informationen oder auch nachträglichen eigenen Konstruktionen handeln.

Aus entwicklungspsychologischer Sicht sind deshalb derzeitige Äußerungen des Kindes, die die Tatnacht tangieren, nicht verwertbar.

Ich versichere, das vorstehende Gutachten unparteilich und nach bestem Wissen und Gewissen erstattet zu haben.

 

Stuttgart, den 17.Juli 2000

Doris Mehren, Diplom-Psychologin